
Die Castingshow-Lüge
Als der Pastor heute im Gottesdienst seine Konfirmanden fragte, wer denn – zumindest gelegentlich – eine der zahlreichen Castingshows im Fernsehen anschauen würde, meldete sich mein Sohn zu meiner Überraschung zunächst nicht. Erst, als der Pastor – ob der Zurückhaltung seiner Schützlinge – die Gegenfrage stellt, wer denn keine dieser Sendungen verfolge, ging seine Hand in die Höhe.
Ich hielt dies für einen nicht hinnehmbaren Schwindel, zudem noch in einem Gotteshaus und zog eine Bestrafung meines Filius in Betracht. Mit dieser nach dem Gottesdienst konfrontiert bat er um Verständnis und rechtfertigte seine per Handzeichen abgegebene Meinung: Nicht er sei es, der Castingshows sehen wolle, sondern er müsse dies tun, weil seine Schwester diese Sendungen so liebe. So beschuldigt errötete sein Schwesterherz zunächst zornig, und kündigte dann an, für diese Denunziation eine adäquate Bestrafung ihrerseits zu ersinnen.
Amüsiert stellte ich fest, dass sich die Situation für mich ganz von selbst gelöst hatte: ‚Pastor und Papa sind weiter‘ frohlockte ich innerlich, doch mein Sohn gilt zumindest in dieser Frage noch als Wackelkandidat vor einer äußerst strengen Jury.
Viel Glück, mein Sohn…