Bootcamp de Luxe
Als mir mein Tankwart kürzlich gestand, dass mir „die fehlenden Kilos wirklich gut stehen“ würden, wurde ich nachdenklich. Sicher, ich hatte ein wenig abgenommen. Aber das nicht – so, wie es auch für mich Sinn gemacht hätte – aufgrund eisernen Willens im Rahmen einer Diät, sondern eher zufällig und so beiläufig, dass ich es selbst beinahe nicht bemerkt hätte. Dass mir das gut stehen würde wollte ich auch nicht so recht glauben, denn Zeit meines Lebens bin ich normal- bis untergewichtig und weniger Gewicht hat mich weder besser ausschauen lassen, noch hat es mir gefallen.
Und wie er mich noch so anerkennend musterte, fiel mir mein Freund Ralf ein, der mir kurz zuvor von einem „sehr erfolgreichen Urlaub“ berichtet hatte. Waren für mich Urlaube bislang „schön“, „erholsam“, „zu kurz“, oder bisweilen auch „langweilig“, so waren sie jedoch selten „erfolgreich“. Ralfs Urlaub hingegen war – wie er hastig hinzufügte „äußerst erfolgreich“ und ich ahnte Böses. Denn wenn bei Ralf, einem Vollblutdynamiker mit gegen Null tendierender Geduld, etwas so sehr gefallen hat, dass er von „Erfolg“ spricht, kann es für sein direktes Umfeld unmöglich ein Genuss gewesen sein. Folgerichtig berichtete er von einem Urlaub, der wie ein Bootcamp gewesen sei, mit allerlei Übungen, Drill und äußerster Disziplin, insbesondere was Ernährung angeht: Viel Salat, keine Kohlenhydrate, keine Fette und überhaupt kein Alkohol. Das Ergebnis könne sich sehen lassen, sagte Ralf und selbst seine Stimme strotzte vor Kraft: Er sei wesentlich fitter, als zuvor und habe immens abgenommen.
Was mich wiederum auf zwei Ideen brachte. Erstens: Bis auf weiteres würde ich den Gürtel enger schnallen, was – um bei der Wahrheit zu bleiben – eigentlich die Idee meines Tankwartes war, die er mir wie ein alternder Showmaster augenzwinkend zuraunte. Und zweitens: So einen Urlaub, wie Ralf ihn gemacht hat, würde ich auch machen wollen, und zwar baldmöglichst: Ein Bootcamp „de Luxe“. Ich würde mich freiwillig in eine bajumwarische Mastkur begeben, mit Leberkäse, Kasspatz’n und gutem bayerischen Bier und möglichst eingeschränkter Bewegung und zahlreichen Zwischenschmankerln.
Und das alles nur, damit mir der Tankwarte kein zweites Mal zuzwinkert. Wenn das keine gewichtige Entscheidung ist…